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Jugend-Go-Europameisterschaft 2004 in Köln

Die Teilnehmer der Jugend-Go-Europameisterschaft 2004 in Köln Über 400 Go-Spielerinnen und Go-Spieler aus 15 Nationen, Kinder und Jugendliche und Ihre Eltern und Betreuer, trafen sich am Wochenende vom 30.4. bis 2.5. im Jugendgästehaus in Köln zu einem der größten Go-Ereignisse in Europa: der Europäischen Jugend-Go-EM. Es galt, die Jugendeuropameister in den Altersklassen "U12" und "U18" auszukämpfen. In der Klasse unter 12 Jahren stritten 93 Kinder (darunter allein 37 aus Rumänien) um den Titel und insgesamt zwei Plätze bei der Weltmeisterschaft. Hier gewann nach sechs Runden Rafael Samakaev (6K) aus Russland mit 6:0 vor Thomas Debarre (3K) aus Frankreich mit 5:1 und Amir Fragman (4k) aus Israel mit 4:2.

Endstand des U12-Turniers ...
Endstand des U18-Turniers ...

Bei den unter 18-jährigen gab es einen Titel und vier WM-Plätze zu vergeben. Mit 184 Teilnehmern war diese Meisterschaft nicht nur größer als die meisten offenen Turniere, sondern angesichts des Alters der Teilnehmer auch erstaunlich stark besetzt. Nach sechs Runden gewann Ondrej Silt (5D) aus Tschechien mit 5:1 vor Ilia Chikchine (5D) aus Russland mit ebenfalls 5:1 und Igor Nemliy (3d) aus Russland mit 4:2. Die WM-Tickets gewannen bei U12 die bestpatzierten Rafael Samakaev und Thomas Debarre, bei U18, da sich aus jedem Land nur ein Spieler qualifizieren kann, Ondrej Silt, Ilia Chikchine, Thomas Hubert (3d, Frankreich) und Floris Barthel (1d, Niederlande). Der bestpatzierte DGoB-Spieler Jun Tarumi (3d) hätte eigentlich ein WM-Ticket gewonnen gehabt, darf aber aufgrund seines japanischen Passes bei der WM nicht für ein europäisches Land starten.

Einige Partien als Archiv zum Download.

Quelle: dgob-Nachrichtenarchiv

Bericht von Horst Timm

Das Jugend-EM-Köln-2004-Orga-Team   Für das Jahr 2005 wurde ein Ausrichter für die Jugend-EM gesucht, aber dann erreichte uns bereits im Sommerurlaub 2003 auf Mallorca der Anruf von Martin Stiassny: "Horst, kannst du die EM auch schon im Jahr 2004 organisieren?" Zwei Monate später waren Ort und Zeitpunkt festgelegt, wenn auch unter erheblichen Schwierigkeiten. Der Termin vom 29. April bis 2. Mai lag sehr spät, um die Reise der Sieger zur Jugendweltmeisterschaft in Kanada planen zu können, wurde aber akzeptiert.

  Die Jugend-EM in Köln sollte meine erste sein, denn die Fahrt nach Cannes hatten wir Castrop-Rauxeler verpasst, weil wir davon zu spät erfahren hatten. Daraus ergab sich ein wichtiges Ziel: Ich wollte gezielt Informationen in Europa verbreiten, damit die EM 2004 für die möglichen Gäste so früh wie möglich planbar würde.
Michael Drewing hat die Website aufgebaut, und dann durfte ich unter seiner Anleitung sein Design mit meinen Informationen verunstalten. Er hat mich sehr liebevoll in die Welt der FTP-Clients und MSN-Kommunikation eingeführt. Kaum war die EM im Weh präsent, bemühte ich mich, möglichst viele europäische Clubs und Verbände per E-Mail auf diese Informationen hinzuweisen.
  Arne Timm schnippelte sehr erfolgreich aus einem "berechneten" Go-Brett und einer Dom-Abbildung ein Logo, so ganz ohne Wettbewerb und mit Mut zum Risiko.
Für die Spezialaufgabe "Visa und Versicherungen" hatte ich schnell Michael Wagner gefunden - es hätte nicht besser kommen können. Michael hat seit Jahren Erfahrungen mit Visa-Formalitäten, sein letzter Großeinsatz war der Go-Kongress 2000 in Strausberg/Berlin. Unzählige Änderungswünsche und eilige Abwicklungen von Einladungswünschen erledigte die Familie Wagner souverän. Leider gab es trotzdem keine Bewilligung für die große Gruppe der Ukrainer und für die Weißrussen. Die späten An- und Abmeldungen der großen Gruppen und die große Zahl der Änderungen hatte ich insgesamt nicht vorausgesehen. Statt wie angenommen circa zwei Wochen vor dem Turnier alles klar zu haben, mussten wir die komplette Zimmerbelegung für 400 Personen neu vornehmen. Die Liste der wieder abgemeldeten Spieler ist ungefähr 160 Personen lang, innerhalb der letzten 10 Tage stornierten insgesamt 123 Personen ohne Ersatz!
  In der nervösesten Planungsphase kam die unerwartet umfangreiche Unterstützung von Monika Reimpell gerade zur rechten Zeit. Für Abe Sensei, Yuki Shigeno und Catalin Taranu wollten wir ein angemessenes Programm aufbauen. Die Stars brauchten Unterkunft, Betreuung und Aufgaben. Neben dem Management dieser Profibetreuung gab es dank Christian Gawron und Monika endlich eine brauchbare To-Do-Liste und ein Sightseeing-Programm. Die Liste der Helfer wuchs zu meiner großen Freude schnell an; alle Deko, Russisch-, Technik-, Info- und Wasauchimmer-Spezialisten zu erwähnen, ginge allerdings zu weit. Die ersten Aktivitäten, die ich, gefangen im Datenrausch der Hotelverwaltung Timm, nicht miterleben durfte, waren der Besuch von Abe Sensei und Yuld Shigeno an einer Kölner Schule und am Abend im ostasiatischen Kulturinstitut die Schaupartie FJ Dickhut, deutscher Meister, gegen Abe Sensei, 9p
Der Transport des Spielmaterials von Amstelveen nach Köln war noch ein nettes Vorfelderlebnis. Das Transportunternehmen hatte zunächst einen zu großen LKW zum EGCC nach Amstelveen geschickt, danach zu wenig Lagerraum und schließlich Terminprobleme. Trotzdem war das Material zwei Tage vor Turnierbeginn in Köln. Um 11:00 Uhr am Donnerstag bereiteten wir langsam den Turnierort vor. 200 Satz Ing-Material*1) und 40 Satz NRW-Spielmaterial wurden verteilt. Die Castrop-Rauxeler Jugendgruppe baute das Material auf, dabei auch das komplette NRW-Turniermaterial, insgesamt weit über 1000 kg schwer. Alle 90 Bretter für die U18-Gruppe passten - allerdings etwas eng - in den Raum "Köln", den größten Raum des Jugendgästehauses Riehl. Die Jugendherberge bietet ungewöhnlich viele und große Seminarräume, sodass wir ausgesprochen gut versorgt waren. Im U12-Raum war reichlich Platz, die 44 Bretter passten gut. Neben den zwei Großräumen standen uns drei Seminarräume in Klassenzimmergröße für Profi-Aktivitäten zur Verfügung, zwölf Top-Group-Spieler durften in einem gesonderten Raum spielen.
  Zu unserer großen Oberraschung und letztlich auch Erleichterung erschienen die großen Reisegruppen am Anmeldetag gleichmäßig über den Tag verteilt und nicht, wie befürchtet, nur am Abend. Für mich war es ein ganz besonderes Erlebnis, die vielen Gäste begrüßen zu dürfen, die mir durch E-Mails bereits zu guten Bekannten geworden waren.
  Am Donnerstagabend war der wichtigste Termin, die Teamleiter-Besprechung. Da ich selbst anscheinend nicht so wichtig war, durfte ich nach fünf Minuten gehen, da es keine Fragen an den Ausrichter gab. Harald Kroll führte am selben Abend bereits eine kleine Gruppe durch das Museum für ostasiatische Kunst, das erste von mehreren Sightseeing-Angeboten, die von Franz-Josef Knauf (Schokomuseum), Christian Gawron (Dom) und Pierre Chamot (Altstadt) begleitet wurden. Die Anmeldungen und insbesondere die großen Geldmengen hatten uns nicht erschlagen, lange Warteschlangen hatte es zum Glück nicht gegeben.
  Nach kurzer Nachtruhe (oder auch ohne: Andrè Weiher) ging es dann am Freitag zur Sache. Nach ausgiebigem Frühstück, reichlich und lecker wie jede Mahlzeit im Jugendgästehaus Riehl, trafen sich alle Anwesenden im Raum "Köln" zur Eröffnungszeremonie. Ein großes Plakat, von Steffi Hebsacker im Eilverfahren "gestrickt", schmückte die Kopfwand des Saales, umrahmt von den Landesflaggen der vertretenen Nationen.
  Die erwarteten sprachlichen Klippen mit den vielen Menschen verschiedenster Nationen wurden mit "broken English" locker umschifft. Bei komplizierten Verhandlungen mit russischen Gesprächspartnern konnten Konstantin Simkin und Andreas Völker wunderbar assistieren. Als ganz besonderer Schatz fiel uns die Rumänin Cristina Mircea auf, die äußerst hilfsbereit alles für ihre Reisegruppe organisierte. Sie spricht hervorragend Deutsch und wusste immer, wie man fehlende Turnierergebnisse mit rumänischer Beteiligung in Erfahrung bringen konnte. Cristina hatte die Ehre, als einzige "normale" Teilnehmerin ein Orga-T-Shirt tragen zu dürfen. Besonders witzig war ein kurzzeitiges Verständnisproblem, als sich zwei Spieler einen Übersetzer holten, um festzustellen, dass die entscheidende Aussage "I resign" war.

  Neben den Übersetzern waren auch ab und zu die Schiedsrichter gefragt. Die ungewöhnlichen Spielregeln mussten erläutert und im U12-Raum auch die Einstellung der Uhren vorgenommen werden. Andreas Fecke, einer der unermüdlichen Überwacher, hielt die Kinder und Jugendlichen allerdings durchschnittlich für ruhiger als die Erwachsenen. Monika Reimpell musste im Top-Group-Raum dafür Sorge tragen, dass die häufig anwesenden Eltern die Züge ihrer Kinder - jeweils in der eigenen Sprache - nicht kommentierten. Matthias Krings als Schiedsrichter im U12-Raum beobachtete, wie ein kleiner junge ganz allein korrekt eine Partie auszählte, weil seine zappelige Spielpartnerin nach dem letzten Satz weggelaufen war. Er hätte locker mogeln können, tat es aber nicht.
  In der Lobby, der Cafeteria und einem weiteren Großraum tummelten sich in der Regel die Begleiter. Natürlich taten sie das nicht lange allein. Obwohl es zu Beginn der täglichen zwei Turnierrunden beängstigend still wurde im Jugendgästehaus, kamen jeweils nach wenigen Minuten die ersten Kinder aus dem U12-Raum gerannt, die Partie im Blitztempo abgezockt und auf dem Weg zur Fußballwiese oder zum Frisbee-Go. Nur wenige nutzen die eine Stunde Bedenkzeit voll aus, und die mit zwei Strafpunkten zu kaufende Zusatzzeit (Ing-Regeln: 10 Minuten kosten zwei Punkte) nahmen noch weniger in Anspruch. Ebenso zur Routine wurde es, zum Profi-Live-Kommentar für das erste Brett der Gruppe U18 in den Beamer-Raum zu pilgern. Hendrik Reinke hat die technische Umsetzung der Übertragung und Aufzeichnung toll gemeistert. Catalin Taranu und Yuki Shigeno übersetzten den Kommentar von Abe Sensei. Beim Thema Technik sollte der Hausmeister der Jugendherberge eine Erwähnung finden. Neben seiner nicht ermüdenden Hilfsbereitschaft überraschte er uns mit der Leihgabe eines PC-Monitors, nachdem mein Computer zu meinem Ärger erblindet war.
  Die Hamburger haben die Zelte für den "Profi-Point" mitgebracht und aufgebaut. Wie bereits bei der EM 2000 in Strausberg erlebt, war der Freiluftaufenthalt für ruhige Partieanalysen sehr beliebt. Auch Amir Fragman wurde bei Abe Sensei am "ProfiPoint" gefunden, nachdem ein Teil des Orga-Teams und natürlich sein Vater den vermissten Sohn in allen Turnierräumen und im Außengelände gesucht hatten. Gegen den Widerstand einiger unbedeutender Orga-Mitarbeiter ("Was für ein Aufwand! Muss das denn sein? Wer will das denn überhaupt") führte Michael Marz das Super-Simultan-Rengo durch. Gut, dass der Mann Willenskraft besitzt. Die Begeisterung aller Teilnehmer an diesem Mega-Event kannte keine Grenzen.
Nachdem die ersten Spielbretter vom Orga-Team abgeräumt waren, wurde sogar eine 19er-Partie ohne Brett gespielt. Manuela Lindemeyer und Michael organisierten noch mehrere Begleitturniere, sodass die erwachsenen Begleiter zum Turnierspiel kamen. Irgendwer hat auch noch mehrere Profi-Simultanrunden organisiert, es gab Barbara Knaufs T-Shirt-Gestaltung, einen gut umlagerten Animexx-Stand und vieles, was ich nicht mitbekommen habe, weil einfach alles rund lief. Persönlich erlebt habe ich allerdings die Vorträge von Herrn Yang Yu-Chia zu seiner Lehrmethode, die mir einige Anregungen für meinen künftigen Go-Unterricht gegeben haben.
  Auch wenn ich wichtige Dinge vergessen haben mag, schließe ich mit Bemerkungen zur Siegerehrung und zum Abbau. Die Siegerehrung fand wiederum im völlig überfüllten Raum "Köln" statt, in wundervoller Atmosphäre, geprägt durch die Anwesenheit der Profis, bei denen wir uns mit kleinen Präsenten und mit von Martin Stiassny organisierten Unterschrifts-Plakaten bedanken konnten. Abe Sensei überreichte 20 Fächer an die Gewinner einer Auslosung, und fast alle Spielerinnen und Spieler konnten sich einen Preis vom Gabentisch holen. Danach galt es noch, aus einer wohlsortierten Präsentation von 250 liebevoll gestalteten Teilnahmeurkunden die eigene zu finden und die Heimfahrt anzutreten. Gegen 19:00 Uhr konnten die letzten des Orga-Teams die Jugendherberge verlassen. Und das Fazit? Nie wieder! Na ja, vielleicht können wir in 5 Jahren darüber reden, es hat schließlich riesig viel Spaß gemacht!


Am Gabentisch Dank an die Sponsoren
Eine Europäische Jugend-Go-Meisterschaft ist ohne Unterstützung in Form von Geld und Material nicht denkbar, gerade, weil die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen nur begrenzte finanzielle Mittel haben. Unser Dank geht daher an die ING-Foundation, die EGF, den DGoB e.V., den Go-Verband NRW e.V., den go4school e.V. und die Stadtsparkasse Köln für die finanzielle Unterstützung, an den Nihon Ki-in, die Japan Foundation und das Japanische Kulturinstitut in Köln für die Unterstützung der Profi-Go-Spieler, das EGCC und den Landesverband für die Bereitstellung des Spielmaterials, an das Spielbrett in Köln und Spiele Peters in Gelsenkirchen, an den Hebsacker-Verlag, die WDR-Maus-Redaktion, GPMC, die Castroper Go-Gruppe sowie an Go-Spieler aus NRW für Spiele-Spenden für die Preisverleihung.


*1) Die "Ing Chang-IG Wei-Chi Education Foundation" ist der große Sponsor der Jugend-EMs. Der taiwan-chinesische Industrielle Ing Chang-Ki (1913-1997) war ein großer Förderer und Erneuerer des "Goe", wie er das Spiel gerne nannte. Er entwickelte neue Regeln und neues Spielmaterial speziell für Kinder und förderte weltweit Turniere für Profis und Amateure -und für Go-Software. Die Ing Education Foundation setzt nach seinem Tod seine Förderungsarbeit fort.
Quelle: DGoZ 3/2004



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