Kritik zu "Die Go-Spielerin"
von der Kölnschen Rundschau

LIEBE IN ZEITEN DES KRIEGES
Premiere für „Die Go-Spielerin“ im Freien Werkstatt Theater
Von Sandra Nuy
Dienstag, 7.9.2004

Das Spiel beginnt mit einem leeren Brett. Zug um Zug wird es mit schwarzen und weißen Steinen gefüllt. Doch Go ist mehr als ein Spiel, es gilt als Spiegel der Seele. Seine Regeln bestimmen den Roman „Die Go-Spielerin“ von Shan Sa. Für das Freie Werkstatt Theater haben Johannes Kaetzler und Gerhard Seidel den Bestseller dramatisiert.

Kaetzler ist zugleich auch Bühnenbildner und Regisseur. Den Beginn inszeniert er gleich einer Zeremonie, streng formal positioniert sich das achtköpfige Ensemble auf der bestechend schlicht gehaltenen Bühne – die Partie ist eröffnet. 1937, Mandschurei unter japanischer Besatzung. Eine junge Chinesin lernt chinesische Rebellen kennen. Daß sie das Go-Spiel beherrscht, ist ungewöhnlich für eine Frau. Sie trifft auf einen Gegner, von dem sie nicht ahnt, daß er ein japanischer Spion ist.

Im Go enthüllen sie wortlos ihr Innerstes, so daß ihre Begegnung schließlich der radikalen Logik einer unmöglichen Liebe folgt. Die Exposition des Stückes geizt nicht mit Impressionen; allein – man merkt: hier sollen Fakten vermittelt werden. Figuren möglichst facettenreich vorgestellt werden. Erzählt wird – wie im Roman auch – abwechselnd aus der Perspektive des Leutnants und der Go-Spielerin.

Die Szenen sind kurz, sie gleichen Fragmenten, die nur langsam zu einer Geschichte zusammenfinden. Diese Momenthaftigkeit tut dem Ensemble nicht gut, es agiert mit einer heterogenen Spielstärke. Doch Linda-Moran Braun als Go-Spielerin hat eine große Natürlichkeit, erfrischend charmant läßt sie die Fremdheit dieser Frauenfigur deutlich werden, die sich auflehnt gegen gesellschaftliche Regeln. Ihr Gegenspieler, Torben Krämer, ist vielleicht ein wenig zu sensibel, um als Leutnant Krieg zu führen, aber seine unaufdringliche Präsenz zeugt von großer Tiefe.

Kaetzler hat für die Darstellung von Gewalt und Tod eine zeitlupenartige Bewegungssprache gefunden (Choreographie: Johannes Mergner), dazu verhallen Pistolen-Schüsse auf der Tonspur: Eine elegante Lösung, denn in dieser poetischen Verfremdung wird die Gewaltsamkeit des Krieges erfahrbar, ohne daß ein blutiger Realismus billige Schockeffekte erzielt. Wenn sich die einzelnen Erzählfäden einmal etabliert haben, gelingen Bilder und Szenen über das Wesen der Liebe von großer Dichte. Dann zieht einen die Geschichte in ihren Bann – bis zu ihrem ergreifend traurigen Ende.

Spieldauer: 2 Stunden, keine Pause. Nächste Vorstellungen 10. und 11., 17. und 18., 24. und 25. September, jeweils 20 Uhr. Zugweg 10. Karten-Tel. 32 78 17.


Quelle: FWT Köln